Vielseitigkeit für ein erfülltes Leben

Die menschliche Natur ist wunderbar vielseitig! Jeder Mensch ist anders und legt so viele unterschiedliche Eigenschaften an den Tag. Viele davon sind uns selbst gar nicht bewusst, bis wir sie „entdecken“. Um ein erfülltes Leben zu führen müssen wir all unseren Anteilen gerecht werden und uns dafür einsetzen die unentdeckten Seiten in uns zu ergründen! Vielseitigkeit ist der Schlüssel für ein erfülltes Leben! Umso erschreckender, dass vielen Menschen genau das in Bewegung fehlt! Ein Sport, ein Leben Lang. Immer die gleichen Übungen. Kennst du das auch?

Wann hast du das letzte mal etwas komplett Neues in Bewegung ausprobiert?

Wir alle haben noch unentdeckte Anteile in uns. Damit aufzuhören Neues zu probieren ist in gewisser Weise ein Ergeben ins Unvollständige. In ein Leben, dem es an Erfüllung fehlt. Bewegung ist aus vielen Gründen das beste Feld um diese Erfüllung zu finden. Ich erzähle dir von meinem Weg vom Sturkopf zum Generalisten, wie Parkour meine Sicht auf Bewegung verändert hat und wie du Vielseitigkeit und Abwechslung in deine Bewegungspraxis bringst..

Generalisten und Spezialisten

Wenn wir uns mit neuen Themenfeldern beschäftigen treffen wir Entscheidungen. Über die Inhalt, die Perspektive und die Ziele die wir als wichtig erachten. Und das ist auch eine Frage unserer Persönlichkeit, besonders im Bereich Bewegung und Training. Denn es gibt nicht DIE eine richtige Trainingsmethode, sondern unzählige unterschiedliche, die für sich Richtigkeit beanspruchen. Ich sage immer „Frage 5 Experten und du bekommst 10 Meinungen“. Darüber, wie du ein erfülltes Leben führst, musst du dir also selber klar werden.

Dabei kann es helfen sein Selbstverständnis grundlegend zu prüfen. Bist du von Natur her ein Generalist oder ein Spezialist? Wenn wir neues Wissen und Fähigkeiten erlangen, dann können wir uns in die Tiefe (Spezialisierung) oder in die Breite (Generalisierung) entwickeln. Wenn du beispielsweise schon Yoga machst und mit einem Problem konfrontiert bist, dann kannst du die Lösung im Yoga suchen, oder in einer ganz anderen Methode. Du kannst also dein Training anpassen, oder eine neue Methode probieren. Und falls deine Wahl auf etwas Neues fällt: Darf es etwas ähnliches sein (z.B. vom Yoga zum Qi Gong) oder etwas komplett anderes (vom Yoga zum Kampfsport)?

Siehst du dich eher als Generalist oder Spezialist?

Dabei gibt es nicht nur schwarz oder weiß. Der Übergang ist fließend. Wozu wir von Natur aus mehr tendieren zeigt sich besonders, wenn wir unter Druck stehen. Stell dir mal vor, du hast ein körperliches Problem, vielleicht eine Verletzung oder du erreichst ein Trainingsziel nicht. Würdest du dann eher dein Training leicht anpassen, ein paar neue Übungen wählen, mal ein paar mehr Wiederholungen probieren… oder würdest du es mit etwas ganz anderem probieren? Oft treffen wir solche Entscheidungen unterbewusst. Erst wenn wir darüber nachdenken, wird es uns bewusst. Möglicherweise erkennst du sogar ein Muster. Und wenn du bisher nur eine Strategie kennst, dann ist vielleicht Vielseitigkeit der Schlüssel, der dir zu einem erfüllten Leben fehlt!

Vielseitigkeit liegt in unserer Natur

Der Mensch ist seit jeher ein Wesen, dass sich auf Veränderung einstellt, neue Herausforderungen meistert und sich stetig weiterentwickelt. Das beweisen wir als Spezies: Wir haben uns von einfachen Primaten zum modernen Mensch entwickelt, verfügen über die komplexeste Struktur im Universum als unsere Denkfabrik (unser Gehirn) und unsere Körper sind das ultimative Tool um fast alle Probleme des alltäglichen Lebens direkt oder indirekt zu lösen.

Wir beweisen es als Gesellschaft: Von einfachen Stämmen haben wir uns zu einer globalen Gesellschaft entwickelt und vernetzt, wir schaffen es dabei in Größenordnungen zu kooperieren, die selbst für uns kaum wirklich zu begreifen sind.

Und das beweist du als Individuum. Denk doch mal zurück, an deine Kindheit, an deine Jugend, wie du damals gedacht und gehandelt hast. Die ganze Welt war spannend, jeden Tag hast du etwas neues entdeckt und gelernt. Seitdem hast du dich weiterentwickelt. Bist an deinen Erfahrungen gewachsen und hast deine Denkweisen angepasst. In der Psychologie spricht man auch von Konsolidierung. Aber trotzdem bleibt das psychologische Grundbedürfnis nach neuen Erfahrungen in uns.

Entdeckst du immer noch neue Seiten an dir?

Auch bei mir kam es immer wieder zu Konsolidierungen im Denken und Handeln. In Phasen von Anstrengung habe ich nach Halt gesucht, nach einem sicheren Leben und Dingen, die Bestand haben. Konservatives Denken ist nicht umsonst bei Individuen prävalent, die subjektiven Druck erfahren. Diese Phasen wechseln sich ab mit solchen der Flexibilität und des Wandels. Phasen in denen wir neue Dinge ausprobieren, Altes gehen lassen und uns klarer darüber werden, was uns wirklich wichtig ist. Solche Lebensphasen können von etwas ausgelöst werden. Von großen Veränderungen im Leben, aber auch von Kleinigkeiten, die wie ein Schmetterlingseffekt eine Kette von Wirkungen auslösen. Oder wir setzen uns selbstständig dafür ein!

Warum leben wir so eingeschränkt?

Es ist kein Geheimnis, dass wir heutzutage mehr leisten, mehr arbeiten und mehr Eindrücke erfahren, als unsere Vorfahren. Der Druck und die Erwartungen auf uns steigen in allen Lebensbereichen: Um einen guten Job zu bekommen, brauchen wir eine umfangreiche Ausbildung. Um einen Partner oder eine Partnerin zu finden müssen wir eine gute Partie sein. Um ein gutes Leben zu führen müssen wir all die Dinge tun, die andere so tun… Jemand der jeden Monat einen neuen Job ausprobiert wird wohl nicht genug Geld damit verdienen um sich oder seine Familie zu ernähren. Und selbst in unserer Freizeit erleben wir diesen Druck, obwohl er genau dort eigentlich nicht angebracht ist.

Internet und soziale Medien zeigen uns, was andere treiben. Wie viel besser sie in dem sind, was wir eigentlich gut können. Viel zu oft vergleichen wir uns dabei nach oben: Wir sehen irgendwann nur noch Menschen, die besser sind in dem, was wir tun. Das ist gar nicht so leicht auszublenden. Entweder verfolgen wir die Sache weiter und vergleichen uns immer wieder mit diesen Alleskönnern. Oder wir lassen sie fallen, weil wir die Erwartungen sowieso nicht erfüllen können!

Dieser Druck ist nicht natürlich. Na klar, es braucht manchmal Erfolg um ein gesundes Leben zu führen. Der Mensch braucht Bestätigung dafür, dass das was er tut einen Wert hat. Aber es ist wichtig, sich davon nicht zu sehr beeinflussen zu lassen um ein erfülltes Leben zu führen.

Erfährst du auch manchmal Erwartungen oder Druck von außen?

Wie ich vom Sturkopf zum Generalist wurde

Wenn wir hohe Erwartungen an uns stellen, dann verfallen wir schnell in die Denkfalle: Ich mache es richtig, alle anderen haben es wohl nicht begriffen. Es ist tröstlich, eine vermeintliche Lösung gefunden zu haben. Mir ging es mehrmals so, dass ich dachte den Schlüssel zu einem guten Leben (für mich) gefunden zu haben. Als ich Kraftsport betrieben habe, war ich überzeugt, dass das jeder Mensch machen sollte. Als ich danach mit Ausdauertraining anfing musste ich selbst über die Menschen lachen, die ins Fitness-Studio gehen. Aber so langsam schlich sich bei mir ein komisches Gefühl ein. Wenn ich jetzt so denke, vielleicht denke ich in ein paar Jahren wieder anders?

Und tatsächlich, als ich Parkour für mich entdeckte versank ich in dieser Disziplin, für viele Jahre bestimmte sie mein Leben. Und wieder dachte ich, dass ich es jetzt wirklich begriffen habe. Wie kann es sein, dass nicht jeder Erwachsene auf Mauern klettert, springt und auf allen Vieren durch die Stadt kriecht?

Schließlich kam doch wieder die Erkenntnis: Parkour ist auch nicht das Allheilmittel für jeden. Aber es hatte etwas, das ich in anderen Disziplinen nicht gefunden hatte und das ab da mein Leben geprägt hat: Vielseitigkeit. Die Bewegungen die geübt werden sind vielseitig: Laufen, springen, klettern, balancieren. Die Herausforderungen sind vielseitig: Körperlich, mental und emotional. Die Ausübung ist vielseitig: Man trainiert alleine oder mit anderen. Man kann sich unterstützen oder herausfordern. Man findet Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Jede/r hat eigene Gründe, verfolgt unterschiedliche Ziele, oder auch gar keine Ziele. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Parkour eine der inklusivsten und tolerantesten Disziplinen ist, die ich kenne. Man wird nicht zwingend daran gemessen, wie „gut“ man darin ist und erst recht nicht daran, ob man das „überhaupt machen sollte“. Im Gegenteil. Individualität wird gefeiert!

Und diese Vielseitigkeit ist mir erhalten geblieben und hat alles, was ich davor und danach getan habe, eingefärbt. Wenn ich jetzt Kraftsport betreibe, dann sehe ich das durch eine Brille, sehe neue Möglichkeiten und Gemeinsamkeiten mit anderen Disziplinen. Wenn ich jetzt laufe, dann laufe ich nicht nur, sondern sehe es im Zusammenhang mit anderen Bewegungen.

Und diese vielseitige Perspektive bereichert meine Praxis! Was heißt bereichert? Der hat leicht reden! Lass mich dir ein paar Beobachtungen mitgeben:

  • Ich weiß für viele persönliche Umstände eine Lösung! Wenn ich müde oder unglücklich oder am überkochen bin, kenne ich Dinge, die mir dabei helfen und muss mich nicht an der ewig gleichen Strategie bedienen
  • Obwohl ich weniger explizites Training in bestimmten Disziplinen mache, bleibe ich trotzdem relativ fit darin. Das merke ich zum Beispiel, wenn ich alle paar Wochen mal wieder bouldern gehe und mit Menschen mithalte, die das mehrmals die Woche machen.
  • Ich profitiere körperlich von der Vielseitigkeit. Ohne dass ich explizit dafür trainiere bin ich ziemlich beweglich, ziemlich kräftig, ziemlich ausdauernd und ziemlich koordiniert
  • Ich kann jedes Training mit anderem Training ergänzen. Wenn ich wegen hartem Bouldern Verspannungen habe, kenne ich Schüttel-Übungen aus dem Tanzen um mich lockerer zu machen. Wenn ich vom vielen Laufen Probleme im Fuß bekomme, dann bediene ich mich an propriozeptiven Übungen für die Gelenke.
  • Ich kann mit neuen Situationen ziemlich gut umgehen und Strategien entwickeln. Ich bin gut im „Neu lernen“

Klingt das nach einem Zustand, den du auch gerne erreichen würdest?

Das sind Eigenschaften, die ich einem Generalisten zuschreibe. Zugegeben, ich werde nie bei Olympia antreten und egal wo ich hingehe, meistens gibt es Menschen, die das was ich tue noch besser können. Aber das ist okay! Der Anspruch an unsere Bewegungspraxis sollte immerhin unsere eigene Zufriedenheit und Erfüllung sein.

Den richtigen Schluss für dich finden

Sicher willst du auch ein erfülltes Leben führen. Hast du deinen Weg dahin schon gefunden, oder hast du das Gefühl, da fehlt noch etwas? Falls wir zu viel von dem einen im Leben haben, kann es helfen mal für eine Weile genau das andere auszuleben. Und wenn das nicht in allen Lebensbereichen funktioniert (weil du nicht plötzlich deine Arbeit und Familienleben umstellen kannst), dann kannst du das zumindest in deiner Freizeit und im selbst bestimmten Teil des Lebens praktizieren. Und das ist für dich hoffentlich Bewegung!

Wie so oft ist bei Extremen die gesunde, individuelle „Mitte“ zu finden wichtig. Und wenn wir uns auf einer Seite verrannt haben, ist manchmal ein Impuls zum anderen Extrem notwendig. Dann kann sich das Pendel wieder in unserer Mitte einfinden. Vielleicht ist also dein Schlüssel es mal eine Weile ganz anders zu machen?

Wenn du also schon lange keine Veränderung mehr erfahren hast, dann ziehe doch in Betracht ein Universalist zu werden und Vielseitigkeit auszuleben. Probiere neue Dinge aus, teste jede Woche neue Sportarten (Probetrainings sind was tolles), erkunde neue Methoden oder Stile in dem was du sowieso tust, würfel deine Übungen durcheinander, mache sie an neuen Orten und mit neuen Leuten. Lerne mit dem Gefühl von Unwissenheit umzugehen und du wirst bald mehr Wissen ansammeln, als jeder Experte!

Und vielleicht hilft dir noch der Trostreiche Gedanke der 80/20-Regel: Sie besagt, dass wir mit 20 Prozent Einsatz bereits 80% des Erfolgs erlangen. Statt also 100% in eine Sache zu stecken, ziehe doch in Betracht 20% in fünf Sachen zu stecken und um ein vielfaches mehr „Erfolg“ zu haben. Oder einfach mehr Zeit für andere Dinge zu haben.

Natürliche Bewegung ist übrigens auf diesem Gedanken der Vielseitigkeit gewachsen. deswegen findest du in meinen Online Kursen auch Inhalte aus total unterschiedlichen Themenbereichen. Wenn du regelmäßig etwas Neues erleben möchtest, ist also vielleicht das Online Training etwas für dich. Und wenn du mehr über die Vielseitigkeit in deinem Inneren erfahren möchtest und wie sich das in Bewegung abbildet, dann schau doch mal in meinem Artikel über die 5 Aspekte von Bewegung nach.

Wenn du Vielseitigkeit lebst, wirst du ausgeglichener, zufriedener und erfüllter durchs Leben gehen! Versprochen!

Bleib in Bewegung!
Dein Norwin